Rede im Bundestag
Staatsministerin Elisabeth Kaiser spricht im Deutschen Bundestag zum diesjährigen Bericht der Ostbeauftragten.
Staatsministerin Elisabeth Kaiser
Foto: Photothek/Leon Kügeler
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Für meinen Jahresbericht, den wir heute hier debattieren, habe ich junge Gastautoren eingeladen, ihre Sicht auf die deutsche Einheit einmal aufzuschreiben. Viele von ihnen sind nach der deutschen Einheit geboren, und ich habe sie gefragt: Wie seht ihr eigentlich den Stand heute? Wie blickt ihr eigentlich in die Zukunft? – Die Texte zeigen,
dass sich die Einstellungen und Ansichten in Ost und West vielfach ähneln, anders noch als in der älteren Generation. Aber die jüngeren Ostdeutschen wissen auch, dass sie aus einem Teil Deutschlands mit einer eigenen Geschichte kommen, und so prägt der Osten bis heute Identitäten und Biografien auch junger Menschen.
Ich habe mir vorgenommen, diese Unterschiede beim Aufwachsen politisch stärker in den Fokus zu nehmen.
Junge Menschen müssen überall in Deutschland gerechte Chancen zur Selbstverwirklichung haben. Das ist im Grundgesetz verankert. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse ist gerade auch für junge Menschen in diesem Land zentral. Klar ist: Die Spuren der Transformation sind im Osten weiterhin sichtbar. Sie prägen auch heute noch die Art und Weise, wie die Nachwendegeneration in die Zukunft blickt. Hier ist die Politik in der Verantwortung, an die guten Entwicklungen in Ostdeutschland anzuknüpfen und auch neue Perspektiven aufzuzeigen.
Wir müssen weiter in Zukunftsbereiche wie die Halbleiterindustrie, erneuerbare Energien und Bauforschung investieren, und wir unterstützen die Schlüsselindustrien Automobil und Chemie beim Wandel. Es muss um tarifgebundene und somit eben auch gut bezahlte Arbeitsplätze gehen. Die im Bericht enthaltene bundesweite Befragung von Deutschland-Monitor geht der Frage nach, wie offen die Menschen in Deutschland für den Wandel sind. Das Ergebnis macht durchaus Mut; denn grundsätzlich ist die Bereitschaft für Veränderungen in diesem Land da. Die Bürgerinnen und Bürger sind aber eher bereit, Veränderungen mitzugehen, wenn sie über bestimmte Ressourcen verfügen. Wichtig sind stabiles Einkommen, Bildungschancen und gute Zukunftsperspektiven. Und das bedeutet: Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Wandel gelingen kann, zum Beispiel durch eine gerechte Verteilung von Vermögen oder durch neue Instrumente der Vermögensbildung und natürlich durch einen intakten Sozialstaat, eine starke Wirtschaft und Investitionen in gute Bildung.
Wenn uns das gelingt, haben wir alle Voraussetzungen, die vor uns liegenden Herausforderungen zu bewältigen; denn uns trennen 35 Jahre nach der Wiedervereinigung keine Mauern mehr, kein Ost und West. Wir sind längst zusammengewachsen zu einem Ganzen – vereint in Vielfalt, stark im Wandel und bereit, gemeinsam die Zukunft zu gestalten.
Vielen Dank.